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Runder Tisch
Jugendverbandsarbeit
Kommunale Jugendringe bündeln die Jugendverbände und Jugendorganisationen vor Ort. Die Jugendverbandsarbeit ist dementsprechend das Herzstück des Stadtjugendrings. Junge Menschen schließen sich in Jugendverbänden freiwillig und selbstbestimmt entsprechend ihrer Interessen und Werte zusammen. Dabei werden Projekte und Ideen selbst von den jungen Menschen realisiert und umgesetzt. Junge Menschen erleben dadurch Mitbestimmung und Selbstwirksamkeit.
Am 3. Advent 2017 fand der erste ökumenische Jugendgottesdienst der evangelischen und katholischen Jugend in der PAX Jugendkirche Leipzig statt. Jugendverbandsarbeit verbindet. [17.12.2017. Quelle: Archiv Stadtjugendring Leipzig e. V.]
Die Plauderecke im Kidscamp der Falken hilft Bedürfnisse zu erkennen, zu artikulieren und umzusetzen. Selbstorganisation und Beteiligung sind wichtige Eckpfeiler der Jugendverbandsarbeit. Die sozialistische Jugend – die Falken nutzen dazu das Element der Plauderecke mit dem Ziel, den Teilnehmenden die Möglichkeit zu bieten, Bedürfnisse und Interessen zu kommunizieren und umzusetzen. [2018. Quelle: Archiv Stadtjugendring Leipzig e. V.]
Unterschiede in der bundesdeutschen Jugendverbandsarbeit
Im Westen Deutschlands werden die Jugendverbände bereits kurz nach dem Ende des 2. Weltkriegs wiedergegründet, im Osten hingegen erst zwischen 1990 und 1999. Im Westen gibt es von Anbeginn an eine große Vielfalt im Verbandsleben. In der DDR dagegen, gibt es mit der Freien Deutschen Jugend (FDJ) offiziell nur eine einzige staatlich anerkannte und geförderte Jugendorganisation. Sie ist als Massenorganisation strukturiert und wesentlicher Bestandteil des staatlichen Erziehungssystems. Andere Verbände wie beispielsweise die Junge Gemeinde innerhalb der Evangelischen Kirche spielt nur eine untergeordnete Rolle. Sie werden teilweise sogar verboten und unterdrückt. Erst mit der Gründung des zentralen Runden Tisches der Jugend versammeln sich 1990 die aktiven Jugendverbände und gründen in diesem Zuge den Stadtjugendring Leipzig e. V.
Der Deutsche Bundesjugendring lädt zum Erfahrungs- und Informationsaustausch bzgl. eines Aufbaus der Jugendarbeit auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ein. Vor allem die Jugendarbeit in diesen Gebieten muss durch den Zusammenbruch der FDJ neu aufgebaut werden. [17.10.1990. Quelle: Archiv Stadtjugendring Leipzig e. V.]
Jugendverbände – Orte der Zugehörigkeit und des Teamgeistes
Jugendverbände verbinden Jugendliche mit gemeinsamen Interessen und Wertvorstellungen. Das Spektrum dabei ist enorm: Es reicht von konfessionell-orientierten, interkulturellen, politischen und sportlichen Verbänden bis hin zu Hilfsorganisationen oder Pfadfinderverbänden. In Gruppenstunden, bei Ausflügen oder in Zeltlagern treffen sich junge Menschen. Hier beschäftigen sie sich, ausgehend vom Verein, mit Themen zu Umwelt und Naturschutz, Medien, Erster-Hilfe oder dem christlichen Glauben.
Kinder und Jugendliche übernehmen im Verbandsleben Verantwortung für gesellschaftliche Aufgaben. Das Engagement fußt hauptsächlich auf ehrenamtlichen Tätigkeiten. Es gilt das allgemeine Prinzip der Freiwilligkeit. Kinder und Jugendliche entscheiden selbst, ob sie sich beteiligen, wie und wo sie ihre Freizeit verbringen möchten. Diese grundsätzliche freiwillige Teilnahme setzt eigene Motivation voraus. So ist es möglich, soziales Engagement, soziale Bildungsprozesse und Beteiligung im Alltag anzuregen.
Jugendpolitik direkt mitgestalten
Jugendverbände sind Orte, an denen Jugendpolitik direkt mitbestimmt und gestaltet wird. Jugendpolitik will dabei allen Jugendlichen Teilhabe ermöglichen und ideale gesellschaftliche Perspektiven eröffnen. Sie behandelt die Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und formt so die Lebensverhältnisse der Jugendlichen.
Letztlich bedeutet Jugendpolitik immer: junge Menschen brauchen Teilhabe, Mitbestimmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.
Jugendhilfeausschuss
Die zentrale Möglichkeit, Jugendpolitik direkt mitzugestalten, befindet sich im Jugendhilfeausschuss der jeweiligen Kommune oder des Landes. Jugendverbände können dort mittels stimmberechtigter Ausschussmitglieder direkten Einfluss auf grundlegende Rahmenbedingungen der Jugendhilfe und Jugendpolitik nehmen. Im Jugendhilfeausschuss werden alle grundsätzlichen Angelegenheiten der Jugendhilfe behandelt und beschlossen. Er setzt sich sowohl aus Vetreter*innen der Parteien als auch aus Vertreter*innen freier Träger der Jugendhilfe (Wohlfahrts-, Jugendverbände usw.) zusammen.
Im Auftrag der Vollversammlung des SJR wird im Oktober 1990 eine Stellungnahme an den damals regierenden Oberbürgermeister Herrn Hinrich Lehmann-Grube, den Stadtpräsidenten Herrn Friedrich Magirius sowie an den Dezernenten für Soziales, Jugend und Gesundheit Dr. Jürgen Zimmermann verabschiedet. Die Forderung war eine sofortige Bildung eines Jugendhilfeausschusses sowie die Besetzung des Jugendamtes. Grund war die Überforderung und Überlastung vieler Sozialarbeitenden im Umgang mit gewalttätigen Aktionen vieler Jugendlicher rund um die Randale am 3. Oktober 1990. [11.10.1990. Quelle: Archiv Stadtjugendring Leipzig e. V.]
Demokratie & Vielfalt
Die Freie Deutsche Jugend (FDJ)
Angeregt von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) wird am 7. März 1946 die Freie Deutsche Jugend als Massenorganisation gegründet. Die Ziele sind vor allem ideologisch begründet: Man will die Jugendlichen zu sozialistischen Persönlichkeiten formen, ihnen die Grundsätze des Marxismus-Leninismus beibringen und ihnen nahelegen, sich für die unterdrückten Völker und gegen den Imperialismus einzusetzen. In der sowjetischen Besatzungszone und später der DDR wird sie wesentlicher Teil des staatlichen Erziehungssystems.
Wie alle Organisationen der DDR ist auch die FDJ zentralistisch aufgebaut.
1. An oberster Ebene steht der Zentralrat der FDJ, mit dem Ersten Sekretär an der Spitze. Erich Honecker und Egon Krenz haben viele Jahre dieses Amt inne.
2. Eine Ebene darunter stehen die Bezirksleitungen und die Kreisleitungen.
3. An dritter Stelle stehen die Schulen, Universitäten und Betriebe.
Fahne der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in der DDR. [Quelle: Wikimedia Commons / CC-BY 3.0]
Mitgliedschaft
Mitglied der FDJ kann werden, wer 14 Jahre bis 25 Jahre alt ist. Dazu muss ein Antrag gestellt werden. Die Mitgliedschaft ist „freiwillig“, doch allen ist klar: wer nicht beitritt, muss mit erheblichen Nachteilen rechnen. So werden in der Regel nur FDJ-Mitglieder für eine weiterführende Schule oder gar zum Studium zugelassen. In ihrer Blütezeit hat die staatliche Jugendorganisation etwa zwei Millionen Mitglieder.
Kleidung und Gruß
Die FDJ-Mitglieder tragen ihre eigene Kleidung: Das „Blauhemd“. Auf dem linken Ärmel befindet sich das Emblem der FDJ, der Schriftzug mit einer aufgehenden Sonne. Zu offiziellen Anlässen, z.B. beim Fahnenappell oder am Tag der Republik am 7. Oktober ist es Standard das Blauhemd zu tragen. Das FDJ-Hemd ist eines der bekanntesten Symbole der DDR.
Der Gruß der FDJ lautet „Freundschaft“. So grüßt der Gruppenleiter zu Beginn einer FDJ-Versammlung oder eines Fahnenappells z.B. mit „Ich begrüße euch mit dem Gruß der Freien Deutschen Jugend: Freundschaft!“, woraufhin die Gruppe mit „Freundschaft“ zu antworten hat.
Mitglieder der Freien Deutschen Jugend mit Fahnen und Transparenten bei einer Demonstration anlässlich des 36. Jahrestags der Oktoberrevolution auf dem Leipziger Karl-Marx-Platz. [07. 11. 1953. Quelle: Deutsche Fotothek, Rössing, Roger & Rössing, Renate / CC-BY-SA 3.0]
FDJ – allgegenwärtig
Die FDJ durchdringt systematisch den Alltag und die Freizeit der jungen Leute. Sie organisiert zahlreiche Freizeitangebote, eröffnet Jugendklubs und Jugendherbergen für die Ferien. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Leitung der Jung- und Thälmannpioniere, z.B. als Gruppenleitende. Durch ihre ständige Präsenz und Begleitung wird die Staatsorganisation auch zum Kontrollorgan, wenn es z.B. zu Schulverstößen oder Problemen in der Berufsausbildung kommt. Durch den strengen ideologischen Auftrag lässt sie wenig Raum für individuelle Vorlieben und stellt viele Regeln auf, die befolgt werden müssen.
Umbruch und Zerfall
Mit dem Ende der DDR zerfällt auch die FDJ innerhalb kürzester Zeit und wird politisch bedeutungslos. Die Mitgliederzahl sinkt von November 1989 bis November 1990 von 2,3 Millionen auf 22.000, Mitte 1991 sogar auf 7000. Gleichzeitig werden tausende der hauptamtlichen Mitarbeiter*innenstellen der Organisation abgebaut. In Leipzig ist die FDJ 1990 noch an der Gründung des Stadtjugendrings beteiligt, nach 1991 sind keine Aktivitäten mehr feststellbar.
Unterschiede zur Jugendverbandsarbeit heute
Der größte Unterschied zwischen der FDJ und der Arbeit in den Jugendverbänden heute, besteht in ihrer Vielfalt und Freiwilligkeit. Im Gegensatz zu der ideologisch geprägten Stimmung der FDJ findet heute sicherlich jeder Jugendliche einen Jugendverband, der seine tatsächlichen Interessen vertritt und wo er auf Gleichgesinnte trifft. Die FDJ als Erziehungsinstanz des Staats und SED-Parteiorganisation, bot kaum einen Rückzugsort ohne ständige Kontrolle. Zudem ließ sie wahrlich keine anderen Einstellungen und Meinungen als den „klassenbewussten Sozialisten“ im Sinne des Marxismus-Leninismus zu.
Schild „FDJ Jugendtanz“ für Gaststätten, in denen die FDJ Discoveranstaltungen und andere Tanzvergnügen organisierte. [Quelle: Wikimedia Commons / CC0 1.0]
Jugendverbandsarbeit bedeutet für mich
Gründung und Geschichte der Jugendverbandsarbeit
Ost-West: Wie war die Entwicklung im Westen?
Jugendbewegung als Vorreiter
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts steht die Jugendbewegung als historische Wurzel der Jugendverbandsarbeit.
Der Begriff Jugendbewegung bezeichnet zunächst eine Strömung von Jugendlichen, die sich in Wandergruppen aktiv in der Natur aufhält. Dem von der Industrialisierung geprägten Alltag wird in Kreisen der bürgerlichen Jugend etwas entgegengesetzt. Hier spielen Volkslieder und Geselligkeit eine wichtige Rolle.
Die Bewegung besteht aus vielen selbstorganisierten Kleingruppen, die hauptsächlich Wanderungen und Fahrten am Wochenende durchführen. Mit zunehmendem Wanderbetrieb entstehen auch die ersten Jugendherbergen.
Tiefe Einschnitte in die Jugendbewegung stellen die beiden Weltkriege dar. Vor allem die nationalsozialistische Machtergreifung 1933 führt zur Zwangseingliederung aller Jugendverbände in die Hitlerjugend.
Das Fundament für die Offene Jugendarbeit wird dann 1945, also nach dem Zweiten Weltkrieg, zunächst in der amerikanischen Besatzungszone gelegt.
Die Amerikaner wollen junge Deutsche „demokratisieren“: faschistisch Erzogene sollen zu Demokraten nach US-Vorbild umerzogen werden; Offenheit, Mitbestimmung und „staatspolitische Erziehung“, die spätere „politische Bildung“ stehen für die wesentlichen Inhalte und Prinzipien. In der britischen Besatzungszone ist ein „demokratischer Grundkonsens“ konzeptionell leitend, in der französischen Besatzungszone ist eine Verbindung von Jugendarbeit und Volksbildung gewünscht und in der sowjetischen Besatzungszone (der späteren DDR) wird antifaschistische Jugendarbeit postuliert.
Nach 1945 in Westdeutschland
Nach 1945 kommt es in Westdeutschland zu zahlreichen Neugründungen und einer bunten Vielfalt an Jugendgruppen. Die Vielfalt an unterschiedlichen Jugendvereinen – Christliche Arbeiterjugend, Kolpingjugend, Katholische Landjugendbewegung, Christlicher Verein Junger Männer, Gewerkschaftsjugend und verschiedene Pfadfinderbünde – ist bezeichnend für den großen Unterschied zu den Entwicklungen in Ostdeutschland. Denn dort ist die Freie Deutsche Jugend als einzige legale Jugendorganisation anerkannt.
Den Jugendverbänden gelingt es zunehmend, Einfluss auf die entstehende Offene Jugendarbeit zu nehmen, sodass oftmals die Differenzierung zwischen verbandlicher und Offener Arbeit verwischt.
1953 gibt es in der Bundesrepublik 110 Freizeitheime, davon die meisten in Großstädten. Der überwiegende Teil (70 %) wird kommunal getragen, ferner erscheinen die Kirchen (9 %) und diverse Vereine als Träger.
Die ersten Richtlinien für die Offene Jugendarbeit wird 1953 in Gauting in Form der sogenannten Gautinger Beschlüsse gefasst. Darin stehen Definitionen der Einrichtungen sowie die Bestimmung diverser Standards, z.B. die Öffnungszeiten. Ferner werden konzeptionelle, programmatische und methodische Vorgaben gemacht.
Viele Kritikpunkte bleiben allerdings bestehen: eine starke Orientierung an der Mittelschicht, die Ausklammerung des schwierigen Verhältnisses zwischen Offener Arbeit und der Verbandsjugendarbeit sowie das völlige Umgehen von (unverarbeiteten) Nazivermächtnissen werden weiterhin bemängelt.
Die Praxis dieser zu fürsorglichen Offenen Jugendarbeit sorgt dann dafür, dass ein Großteil der Jugendlichen sich anderweitig orientiert, nämlich in Szenen, in denen Raum für ihre Interessen vorhanden ist. Einen Ausdruck findet diese Kultur im Rock’n Roll und 1955/56 in den sogenannten „Halbstarkenkrawallen“. Der Rock’n Roll steht als Musik für die Jugend, die in Blue Jeans und Lederjacken beginnen, gegen enge und starre Gesellschaftsformen zu rebellieren.
Eigenständige Jugendpolitik
Eigenständige Jugendpolitik benennt Anforderungen an politische Akteure. Sie zeigt, dass die Gesellschaft die Ideen, das Potential und das Engagement der Jugend braucht. Junge Menschen brauchen Anerkennung und Unterstützung. Nur mit den richtigen Bedingungen können Jugendliche ihr Leben selbst bestimmen und gestalten.
Eigenständige Jugendpolitik bedeutet dabei, die Bedürfnisse und Interessen junger Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Es soll eine nachhaltige Jugendbeteiligung gefördert werden. Junge Menschen wollen ihre Umgebung eigenständig gestalten und ihre Zukunft beeinflussen. Um dies zu gewährleisten, braucht es die Zusammenschlüsse junger Menschen gerade auch in den Jugendverbänden.
Jugendbeteiligung
Kinder und Jugendliche wollen die Welt und die Gesellschaft mitgestalten. Sie machen sich Gedanken über ihre Umwelt und aktuelle gesellschaftliche Probleme. Sie wollen beteiligt werden. Jugendbeteiligung ist wichtig. Sie schafft Vertrauen. Teilhabe funktioniert am besten, wenn man dabei ist und sich dabei als Teil einer Gruppe fühlt. Jugendbeteiligung, auch innerhalb der Jugendverbände bietet die Chance der Mitwirkung. Dies bedeutet, dass die jungen Menschen gehört werden und direkt mitgestalten dürfen. Jugendverbände stärken dabei auch die Selbstbestimmung und fördern die Selbstorganisation junger Menschen.
Sowohl die eigenständige Jugendpolitik als auch die hauptsächlichen Merkmale von Jugendbeteiligung haben eines gemeinsam: Es geht darum, jungen Menschen Mitwirkung, Mitgestaltung und Mitbestimmung zu ermöglichen.
Die Jugendbewegung als Vorreiter der Jugendverbandsarbeit
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts entsteht die Jugendbewegung als historische Wurzel der Jugendverbandsarbeit. Der Begriff Jugendbewegung bezeichnet ursprünglich eine einflussreiche Strömung von Jugendlichen, die sich in Wandergruppen aktiv in der Natur aufhält.
Vor dem Hintergrund der fortschreitenden industriellen Revolution verändert sich die Situation junger Menschen. Die Lebensrealitäten der Jugendlichen in den unterschiedlichen Klassen bzw. sozialen Milieus sind dabei sehr verschieden. So bilden sich unterschiedliche Jugendbewegungen heraus, welche jeweils eine Reaktion auf die spezifische Lage und die Probleme junger Menschen innerhalb ihres Milieus darstellen.
Die bürgerliche Jugendbewegung, genannt auch Wandervogel-Bewegung, will in der Natur ihre individuelle Freiheit ausleben. Hier spielen Volkslieder und Geselligkeit eine wichtige Rolle. Die Bewegung besteht aus vielen selbstorganisierten Kleingruppen, die hauptsächlich Wanderungen und Fahrten am Wochenende durchführen. Mit zunehmendem Wanderbetrieb entstehen dabei auch die ersten Jugendherbergen.
Der zweiten signifikanten Säule der Jugendverbandsarbeit, der Arbeiter*innenjugendbewegung ist es dagegen wichtig, jungen Menschen eine Ausflucht zu bieten: Beengte Mietskasernen, Hunger, Unterdrückung und Gewalt in den Familien. Die Organisationen der Arbeiter*innenbewegung sollen dabei vorrangig konkrete Not lindern und an der Veränderung der Gesellschaft mitwirken. Jugendverbände wie die Naturfreundejugend oder die Falken berufen sich noch heute auf diese Tradition.
Die beiden Weltkriege haben tiefe Einschnitte in der Jugendbewegung hinterlassen. Vor allem die nationalsozialistische Machtergreifung 1933 führt zum Verbot bzw. zur Zwangseingliederung aller Jugendverbände in die Hitlerjugend.
Das Fundament für die Offene Jugendarbeit wird dann 1945, also nach dem Zweiten Weltkrieg, zunächst in der amerikanischen Besatzungszone gelegt.
Die Amerikaner wollen junge Deutsche „demokratisieren“: faschistisch erzogene junge Menschen sollen zu Demokrat*innen nach US-Vorbild umerzogen werden; Offenheit, Mitbestimmung und „staatspolitische Erziehung“, die spätere „politische Bildung“ stehen für die wesentlichen Inhalte und Prinzipien. In der britischen Besatzungszone ist ein „demokratischer Grundkonsens“ konzeptionell leitend, in der französischen Besatzungszone ist eine Verbindung von Jugendarbeit und Volksbildung gewünscht und in der sowjetischen Besatzungszone (der späteren DDR) wird antifaschistische Jugendarbeit postuliert.
Digitale Jugend(verbands)arbeit
Digitalisierung durchdringt und verändert jeden Lebensbereich. Der aktuelle 16. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung spricht daher von Digitalisierung als gesellschaftspolitischer Megatrend. Unter dem Begriff der Digitalisierung summiert sich eine Vielzahl an technologischen Entwicklungen, die die Lebenswelt von uns allen und damit auch jene junger Menschen erheblich verändern. Schon heute sind Digitale Medien allgegenwärtig und nehmen einen immer größeren Teil des Alltags ein: Sie verändern den eigenen Lebensraum, die Arbeitswelt, die Kommunikation untereinander, das Lernen in der Schule, sogar unsere Wahrnehmung der Welt.
Darauf stellt sich die Jugend(verbands)arbeit ein und nimmt den spielerischen Umgang mit digitalen Medien als Normalität an.
Die Corona-Pandemie seit den Jahren 2020 stellt die Jugend(verbands)arbeit dabei nicht nur in Leipzig vor neue Herausforderungen. Durch die Pandemie werden neue Erfahrungen im digitalen Arbeiten gemacht. Vieles wird in Bewegung gesetzt und neue Arbeitsweisen werden ausprobiert. Im Folgenden wollen wir euch an einigen Beispielen der digitalen Jugend(verbands)arbeit teilhaben lassen:
Digitales Barcamp der Jugendverbände
Das erste digitale Barcamp der Leipziger Jugendverbandsarbeit findet im Frühjahr 2020 im »Online-Konferenztool „gather.town“ in Kombination mit Zoom-Videokonferenzen statt. Dort begegnen sich die Teilnehmenden Mithilfe von Avataren in selbst gestalteten virtuellen Räumen und können sich besprechen und untereinander vernetzen.
Nach einem ersten Erkunden der virtuellen Räume und der Begrüßung werden in unterschiedlichen Sessions Ansichten, Ideen und Wissen miteinander geteilt. Die Verbindung der Plattform „gather.town“ mit Zoom-Konferenzen gelingt dabei problemlos. Nach dem offiziellen Teil wird „gather.town“ von einigen dann noch zur virtuellen Spielewelt „zweckentfremdet“, wobei in zwei Teams Wörter gezeichnet und von den anderen erraten werden müssen.
Insgesamt sind alle von dem ersten digitalen Barcamp begeistert. Neben den inhaltlich spannenden und wichtigen Schwerpunktsetzungen, ist es vor allem auch die spieleähnliche Umgebung, die es zu etwas Besonderem macht. Auch digital gibt es einen regen Austausch, spannende Gespräche und lustige Spielereien. Wir sind auf alle Fälle für weitere digitale Fachtage gewappnet.
Digitale Gruppenaktivitäten
Digital geht mehr als man denkt: Gruppenstunden, Spieleabende und Workshops, Kindergeschichten vorlesen, Pub Quiz, sogar ein digitales “Zeltlagerliedersingen” funktionieren, auch ohne direkte körperliche Begegnung.
Der Jugendclub IUVENTUS e.V. inspiriert mit kreativen Ideen junge Leute für die Zeit zu Hause. Es wird gemeinsam digital gebastelt und die Tage werden mit Back- und Bastelworkshops versüßt. Der Stamm Leo vom Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e.V. stellt eine App für die Gruppenmitglieder bereit, die vielseitige kreative Beschäftigungsideen anbietet. Zusätzlich gestaltet der Stamm zwei Podcasts für Jung und Alt, wobei Pfadfinder*innen eingeladen sind, ihre Erfahrungen mit anderen zu teilen und aus ihrem Pfadfinder*innenalltag zu berichten. Schnitzeljagd von zu Hause aus? Dieses Erlebnis bieten die Pfadfinder*innen der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg Stamm Tilia an und ermöglichen so, jungen Pfadfinder*innen eine interessante neue Erfahrung. Beim Pfadfinder*innenstamm der Royal Rangers können alle Mitglieder wöchentlich an einer kleinen Challenge teilnehmen. Diese sind in den hochgeladenen Videos auf ihrer Webseite zu finden.
Auch wenn sicher nicht alles rosig ist, die Erfahrungen der Corona-Pandemie zeigen, dass Jugendverbände auch digital können. Und wir sind sicher: Auch in Zukunft werden digitale Angebote Bestandteil unseres Lebens und unserer (Verbands)Arbeit bleiben.